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Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) in Deutschland befindet sich in einer prekären finanziellen Situation. Die Ausgaben steigen rapide an, während die Einnahmen nicht ausreichen, um diese Kosten zu decken. Dies führt zu einer „entfesselten Ausgabendynamik“ in der GKV, wie Krankenkassenvertreter es beschreiben. Der Gesundheitsökonom Professor Jürgen Wasem hat die Krankenkassen als sich am „Rande der Liquidität“ bewegend bezeichnet und Beitragssatzanstiege wie seit 20 Jahren nicht mehr vorhergesagt. Im Jahr 2023 endete die GKV mit einem Defizit von 1,9 Milliarden Euro. Die Ausgaben stiegen in allen Leistungsbereichen um 7,2 Prozent. Die vertragsärztliche Versorgung wuchs um 4,5 Prozent, stationäre Behandlungen um 7,5 Prozent, und die Arzneimittelrechnung um 9,6 Prozent. Heilmittel und Personalkosten stiegen um 10,1 Prozent. Der Schätzerkreis beim Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) muss die wahrscheinliche Höhe des durchschnittlichen Zusatzbeitrags des kommenden Jahres ermitteln. Im vergangenen Jahr lagen die Prognosen jedoch daneben, und der tatsächliche Wert lag bereits bei 1,94 Prozent. Die von den Kassen erhobenen Zusatzbeiträge reichen bis über 3,3 Prozent hinaus. Der Abbau der Reserven bei den Krankenkassen wirkt sich ebenfalls aus. Ein Drittel der Kassen musste unterjährig den Zusatzbeitrag erhöhen, und 23 Kassen hatten ihre Beiträge bereits zu Jahresbeginn angepasst. Der Vorstandsvorsitzende der Techniker Krankenkasse (TK), Dr. Jens Baas, kritisiert, dass die Kassen dazu verpflichtet wurden, Rücklagen abzubauen und an den Gesundheitsfonds abzugeben, ohne dass dies für sinnvolle Investitionen genutzt wurde. Die Planung für die Krankenkassen ist extrem schwierig geworden, da keine Rücklagen mehr vorhanden sind. Unterjährige Beitragssatzanpassungen werden häufiger werden, und der Markt wird volatiler. Der Schätzerkreis muss sich mit dieser Volatilität auseinandersetzen und geht davon aus, dass der Zusatzbeitrag über 2,5 Prozent liegen wird. Kassenvertreter mahnen die Politik an, gesamtgesellschaftliche Kosten wie Krankenversicherung von Bürgergeldempfängern oder Rentenbeiträge für pflegende Angehörige ordnungspolitisch sauber aus dem Steuertopf zu finanzieren. Der reguläre Steuerzuschuss reicht dafür nicht mehr aus, und politische Entscheidungen wie der Verzicht auf eine Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze können weitere Prozentpunkte bedeuten.
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